Es muss nicht immer Schadensteuerung sein


Die Diskussion über das Pro und Contra von Schadensteuerung läuft in der K&L-Branche seit Jahren. Fast jede Werkstatt hat Erfahrungen damit gemacht, sowohl positive wie auch negative. Doch es gibt „gallische Dörfer“: Kfz-Betriebe, die mit wenig oder sogar ohne Schadensteuerung auskommen – und dennoch erfolgreich sind. Hier sind drei Beispiele.

12. März 2021 - Die Color Company GmbH & Co. KG aus Illertissen bei Ulm ist eigentlich ein idealer Kandidat für Schadensteuerung: Das Unternehmen ist groß, es verfügt über ein rund 2.600 Quadratmeter großes Betriebsgebäude und beschäftigt 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aber: „Rund 70 Prozent unseres Geschäfts machen wir mit Privatkunden, Autohäusern, Flotten, Firmenkunden, Industrieaufträgen und der Lackierung von Nutzfahrzeugen“, betont Geschäftsführer Uli Frenzel. „Das betrachte ich als unsere Hauptgeschäftsfelder – nicht die Schadensteuerung.“

Als besonders lukrativ haben sich für die Color Company Nischen- und Spezialangebote erwiesen, zum Beispiel die Bearbeitung von Großfahrzeugen. „Aus dem gleichen Grund beschäftigen wir uns auch verstärkt mit dem Thema Reparatur von Wohnmobilen und Caravans“, sagt Frenzel. „Das ist ein wachsender Markt, auf den wir uns in den nächsten Jahren noch stärker einlassen wollen.“

Kein grundsätzlicher Verzicht auf Schadensteuerung
Ganz ohne Schadensteuerung kommt aber auch die Color Company nicht aus: Trotz der Konzentration auf ihre Hauptgeschäftsfelder entfallen mittlerweile rund 30 Prozent des Geschäfts auf gesteuerte Aufträge. Kein Problem für Uli Frenzel: „Schadensteuerung ist ja nicht grundsätzlich schlecht“, sagt er. „Manche Aufträge haben uns sogar neue Privatkunden beschert.“ Dennoch setzt er bei diesem Thema auf Zurückhaltung. „Wir arbeiten nur mit wenigen ausgesuchten Schadensteuerern zusammen“, sagt er. „Und offen gesagt: Manche kommen mir nicht ins Haus.“

Bei der Lackiererei Alrutz in Georgsmarienhütte bei Osnabrück, einem Unternehmen mit zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, betrachtet man die Schadensteuerung ebenfalls zurückhaltend. Geschäftsführer Dirk Alrutz betont: „Ich habe keine generellen Vorbehalte gegen die Schadensteuerung. Aber wie sie in der Praxis umgesetzt wird, ist teilweise fragwürdig: Manche Aufträge werden in Betriebe gesteuert, in die sich die Fahrzeugbesitzer normalerweise nie verirren würden.“ Dadurch, so findet er, verliere der wichtige Faktor Kundenbindung an Bedeutung.

Direkte Ansprache von Privatkunden und Autohäusern
Alrutz arbeitet mit zwei Schadensteuerern zusammen, aber der Umsatzanteil liegt in seinem Betrieb unter zehn Prozent. Er setzt stattdessen auf einen guten und direkten Draht zu den Privatkunden und Autohäusern der Region. Diese Strategie hat sich für ihn gerade im vergangenen Jahr ausgezahlt. „Werkstätten mit einem größeren Anteil von gesteuerten Schäden haben 2020 stärker darunter gelitten, dass vor allem im geschäftlichen Bereich weniger Auto gefahren worden ist.“

Weitere Erfolgsfaktoren von Alrutz sind ein breites Leistungsportfolio – neben der Karosserie- und Lackreparatur auch Industrielackierung, Dellendrücken, Glasreparatur und Oldtimer-Restaurierung – und eine aktive Kundenkommunikation. „Wir konzentrieren unsere Marketing-Maßnahmen auf einen Umkreis von 50 Kilometern“, sagt Dirk Alrutz. „Wir werben in der Lokalpresse, unterstützen regionale Events und machen auch Sport-Sponsoring.“ Neben einigen Fußballclubs kooperiert mit einem Motorsport-Team, das regelmäßig beim traditionsreichen „Osnabrücker Bergrennen“ mitfährt – in Fahrzeugen, die ihre Rennlackierung natürlich in Georgsmarienhütte erhalten haben.

Konzentration auf Autohaus-Kunden
Auch in der Lackiercenter Ibbenbüren GmbH, einem Unternehmen mit rund 20 Arbeitskräften, ist der Anteil der gesteuerten Schäden niedrig. „Die Hälfte unserer Aufträge bekommen wir aus Autohäusern, rund 40 Prozent von Privatkunden, aus der Schadensteuerung weniger als zehn Prozent“, sagt Geschäftsführer Viktor Specht. Woran das liegt, lässt sich nicht so einfach erklären. „Es hat sich so ergeben“, sagt Specht. „Zum einen gibt es uns an unserem neuen Standort erst seit 2016. Zum anderen sind die Anforderungen an Betriebe, die in Netzwerken der Schadensteuerung mitarbeiten wollen, recht anspruchsvoll – das war für uns bisher noch keine Option. Und schließlich sind wir bislang auch ohne Schadensteuerung zurechtgekommen.“

Kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, handwerkliche Qualität und guter Service, dazu eine hochmoderne technische Ausstattung und ein breites Leistungsangebot sind Erfolgsfaktoren des Unternehmens – und günstige Preise. Nicht zu unterschätzen ist ein weiterer Punkt: der Standortfaktor. „In unserer Region“, so Specht, „gibt es weit und breit kaum einen vergleichbaren Betrieb. Darum können wir uns bis zu einem gewissen Grad auf Mundpropaganda und Kundentreue verlassen.“

Doch das ist es nicht allein. Vor allem bei den kritischen Kunden aus dem Autohaus-Bereich hat sich das Lackiercenter Ibbenbüren schnell einen Namen gemacht. „In diesem Geschäft geht es neben der Qualität der Arbeit vor allem um Schnelligkeit, Termintreue und Verlässlichkeit“, sagt Viktor Specht. Dabei setzt das Unternehmen auf eine geradlinige Kommunikation auf Augenhöhe. „Man muss sich aufeinander abstimmen. Das heißt auch, dass wir nichts versprechen, was wir nicht halten können – notfalls muss man auf einen Auftrag auch mal verzichten können.“

„Viele Wege können zum Erfolg führen“
Margarita Debos, Vorstandsmitglied beim Werkstattnetzwerk Repanet e.V., findet die Erfolge der Betriebe, bei denen Schadensteuerung nur eine untergeordnete Rolle spielt, in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. „Es zeigt, dass in unserer Branche viele Wege zum Erfolg führen können. Das kann ein Nischenangebot sein, mit denen man sich ein Alleinstellungsmerkmal erarbeitet. Es kann gezieltes regionales Marketing sein oder die Konzentration auf ein bestimmtes Marktsegment. Und manchmal ist es auch einfach die gute Wahl des Standorts.“ Sie ergänzt: „Natürlich ist Schadensteuerung ein Faktor, der in unserer Branche immer größeren Einfluss gewinnt. Nicht umsonst stellt Repanet seinen Mitgliedern, die sich hier etablieren wollen, Checklisten und Hilfestellungen zur Verfügung. Aber unter gewissen Umständen kann ein gutes Team, das erstklassige Arbeit und Full Service abliefert und seinen Markt gut im Blick hat, auch ohne Schadensteuerung erfolgreich sein.“

Über Repanet

Repanet ist das internationale Netzwerk ausgezeichneter freier Fachbetriebe der Karosserie- und Lackierbranche. In 16 europäischen Ländern bieten rund 700 Repanet Werkstätten hochqualitative Reparaturlackierungen und kundenorientierten Service zu fairen Preisen. Mehr als 650.000 Fahrzeuge aller Marken werden jährlich entsprechend den Herstelleranforderungen bei den Repanet Betrieben professionell repariert. Autofahrer aus ganz Europa, Autohäuser aller Marken sowie führende Versicherungen, Flotten und Leasinggesellschaften zählen zu den Kunden der Repanet Werkstätten.

 

www.repanet.de

www.autoreparatur.de

Margarita Debos, Vorstand von Repanet

Margarita Debos, Vorstand von Repanet: „Manchmal kann ein gutes Team, das erstklassige Arbeit und Full Service abliefert und seinen Markt gut im Blick hat, auch ohne Schadensteuerung erfolgreich sein.“

Uli Frenzel, Geschäftsführer Color Company in Illertissen

Uli Frenzel, Geschäftsführer Color Company in Illertissen: „Wir arbeiten nur mit wenigen ausgesuchten Schadensteuerern zusammen.“

Dirk Alrutz, Geschäftsführer der Alrutz GmbH & Co. KG

Dirk Alrutz, Geschäftsführer der Alrutz GmbH & Co. KG in Georgsmarienhütte: „Die praktische Umsetzung der Schadensteuerung ist teilweise fragwürdig.“

Es muss nicht immer Schadensteuerung sein

Uli Frenzel, Geschäftsführer Color Company in Illertissen: „Wir arbeiten nur mit wenigen ausgesuchten Schadensteuerern zusammen.“